Die Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen, kurz ÖFEB, ist ein gemeinnütziger Verein für alle, die in Forschung und Lehre in den Bildungswissenschaften tätig sind. Sie besteht seit dem Jahr 2000 und hat sich zum Ziele gemacht, die österreichische Bildungsforschung zu fördern und den einzelnen Partnern und Institutionen eine Plattform zu bieten, auf der sie sich austauschen können. Ihren Hauptsitz hat die Gesellschaft in Linz. Mit sieben verschiedenen Sektionen deckt die ÖFEB alle für Bildung und Lehre relevanten Bereiche ab. Berufs- und Erwachsenenbildung befasst sich mit Berufsausbildung, Weiterqualifizierung und der allgemeinen und politischen Erwachsenenbildung. In dieser Sektion sollen sich alle Entscheidungsträger von innerhalb und außerhalb universitärer Einrichtungen zu einen Wissensaustausch zusammenfinden. Der Bereich ‚Empirische pädagogische Forschung‘ will den Austausch zwischen allen Forschenden im Bildungswesen fördern; die ‚Schulforschung und Schulentwicklung‘ ist mit allen Forschungs- und Entwicklungsfragen befasst, die sich auf das System Schule beziehen. Hier werden einzelne Personen oder Projekte unterstützt, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. Im Bereich ‚LehrerInnenbildung und -bildungsforschung‘ geht es um die Ausbildung von Unterrichtenden an allen Schulformen und deren Austausch und Vernetzung untereinander. Der Kongress der ÖFEB bietet den Mitgliedern dieser Sektion die Möglichkeit, hier eine Mitgliederversammlung abzuhalten und z.B. eine neue Sektionsleitung zu wählen. Außerdem gibt es die Bereiche Elementarpädagogik, Medienpädagogik und Sozialpädagogik, die mit Tagungen, Vorträgen und Publikationen Wissen und Erkenntnisse auf diesen Gebieten weiterverbreiten. Auch hier geht es wieder um Vernetzung der Beteiligten untereinander und die Förderung einzelner Personen oder Personengruppen, die in diesen Bereichen tätig sind.
Zeitschriften, Buchreihen und weitere Aktivitäten der Gesellschaft
Dreimal im Jahr erscheint die 2011 gegründete Zeitschrift für Bildungsforschung, die sich als Organ der ÖFEB versteht. Mit ihren Beiträgen aus dem Bereich der Bildungsforschung will sie zum einen zu einer vermehrt evidenz-basierten Weiterentwicklung des Bildungswesens beitragen, zum anderen auch allen Mitgliedern ein Forum zum Austausch bieten. Seit 2014 gibt es eine Buchreihe mit Publikationen zur Bildungsforschung. Bislang sind acht Bände erschienen, die zum Beispiel die inklusive Schule und ihre Entwicklung, das Verhältnis von Bildungsforschung, Bildungspolitik und Bildungspraxis und die neuen Wege in der Elementarpädagogik behandeln. Die ÖFEB lädt ein zu vielen Veranstaltungen der Berufs- und Erwachsenenbildung, zu Werkstattgesprächen in der Weiterbildungsforschung, zu Fachtagungen und Barcamps, die dazu auffordern, sich an der Diskussion zu verschiedenen Themen mit eigenen Beiträgen zu beteiligen. In den einzelnen Sektionen finden Sektionstagungen, Mitgliederversammlungen und sektionsübergreifende Tagungen statt. Mit ihren Kongressen bietet die Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen eine relativ große Plattform für alle aktuell relevanten Themen aus dem Bereich der Bildungsforschung. Dabei kommen sowohl theoretische Forschungsergebnisse als auch ihre Auswirkungen in der Praxis zum Tragen.
Ähnliche Relevanz hat auch die seit Juli 2008 alle zwei Jahre stattfindende Österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz, zu der alle im Bereich Berufs- und Erwachsenenbildung oder ähnlichen Bereichen Tätigen und andere Interessierte geladen sind.
Der ÖFEB Kongress 2019
Vom 17. bis 20. September war die Pädagogische Hochschule Oberösterreichs in Linz der Austragungsort für den Kongress 2019. Im Fokus stand der Begriff der ‚Evidenzorientierung‘, der im Bildungsbereich eine immer größer werdende Rolle spielt. Dabei ging es um die Frage, wie Entwicklungsentscheidungen, die theoretisch auf der Basis der zur Verfügung stehenden Informationen getroffen werden, auch konkret in die pädagogischen Praxis umgesetzt werden können. Im Vorfeld wurde ein Fragenkatalog unter verschiedenen Gesichtspunkten zusammengestellt, an denen sich die Vorträge und Diskussionsrunden orientieren konnten. Dabei ging es einmal um die Frage, ob überhaupt ausreichende und auch passende Evidenzen für die Steuerung von Bildungsprozessen vorliegen. Ferner stand zur Diskussion, welche Daten genutzt werden und welche nicht und wie solche Entscheidungen der Relevanz von wem getroffen werden. Auch sollte die Frage nach der Aussagekraft von Daten und Informationen in Bezug auf gelingende Bildungsprozesse angesprochen werden. Abschließend wurde untersucht, ob vermehrte Testungen und das Daten- und Informationssammeln die pädagogische Qualität überhaupt erhöhen können. Das Kongressprogramm gliederte sich in vier Hauptvorträge im Hörsaal und anschließenden Sessions mit Symposien, Panels, Forschungswerkstatt und einem ‚offenen Format‘, in denen unterschiedliche Themen u.a. zur Bildungsforschung, zum Lernen und zur Schulsituation erörtert wurden. Eröffnet wurde der Kongress mit einer Podiumsdiskussion, die das Verhältnis von Bildungsforschung, Bildungspolitik und Bildungspraxis unter dem Stichwort ‚Vermessen‘ zum Thema hatte. Teilnehmer waren unter anderem die Direktorin des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung aus Hamburg, ein Vertreter des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und eine Schulleiterin. Weiter ging es mit einem Vortrag zu erkenntnispolitischen Strategien aus der Bildungsforschung, die sich außerhalb von ‚Zahlenknechtschaft‘ und politischer Einflussnahme bewegen sollten. Ein drittes Thema behandelte die Sprachkompetenz bei Mehrsprachigkeit und wie sie festgestellt und gefördert werden kann. Beim letzten Vortrag ging es darum, wie Unterricht überhaupt ‚vermessen‘ werden kann und wie sich das letztendlich in der Praxis auswirkt. In den insgesamt fünf Sessions ging es einmal um eine ausführliche Untersuchung um den Komplex des Messens und Bewertens von Lernleistungen. Eine andere Session hatte die Sprachkompetenz zum Thema und befasste sich mit den Möglichkeiten und Grenzen, diese zu beurteilen. Andere Session-Themen waren u.a. forschendes Lernen, die Förderung bei Kindern und Jugendlichen mit gestörtem Sozialverhalten und bestimmte Schwierigkeiten bei der Handhabung der Inklusion. Die einzelnen Panels beschäftigten sich mit dem Einfluss von Emotionen und Einstellungen auf das Lernen, mit einer Untersuchung auf mehreren Ebenen zur interpersonalen Gewalt in der Sekundarstufe 1 und der Frage nach der divergenten Denkfähigkeit von Jugendlichen dieser Stufe bei naturwissenschaftlichen Fragestellungen. Es ging auch um Lehrerfortbildungen, bei der die Teilnehmenden aus ihrer Sicht einmal ihre Motive und als nächstes die Folgen schilderten, die die Fortbildungen für ihren Lehreralltag hatten. In der Forschungswerksatt wurden Themen wie Förderung in Kita und Grundschule, Diskussion des österreichischen Kompetenzmodells für den Sachunterricht und die Weiterentwicklung der schulpraktischen Studien angesprochen. Vertreter verschiedener Hochschulen und Universitäten aus Österreich und Deutschland boten unter dem Programmpunkt ‚offenes Format‘ ihre ausgewählten wissenschaftliche Themen an. So ging es einmal darum, dass Bildungsforschung Transparenz und Offenheit braucht. Zum anderen wurde die Frage erörtert, ob nicht der Dialog an Stelle der Vermessung treten könne. Hier sahen die Vortragenden Chancen und Herausforderungen zugleich, die eine ethnografische Schul- und Unterrichtsforschung bietet.
Der ÖFEB Kongress 2022 – Ausblick
Der ÖFEB Kongress 2022 findet vom 20. bis 23. September in Graz in der Steiermark statt. Er will sich mit den Herausforderungen beschäftigen, die durch die aktuelle Situation auf die Bildungsforschung zukommen. Gemeint sind unter anderem soziale Ungleichheit, Migration, die Digitalisierung, Globalisierung und natürlich auch die Covid-Krise mit ihren Auswirkungen auf das gesamte Bildungswesen. Die aktuellen Anforderungen sollen dabei aus möglichst verschiedenen Blickwinkeln durchleuchtet werden. Auch soll die Frage erörtert werden, wie sinnvoll die derzeitige Lernumgebung, die vorhandenen Zeitstrukturen und Bewertungssysteme überhaupt noch sind und ob nicht mit neuen Konzeptionen dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen werden muss. In diese Überlegungen wird sowohl der elementarpädagogische als auch der vorschulische Bildungsbereich einbezogen. ‚Heterogenität‘ ist der aktuelle Begriff, der alle bildungswissenschaftlichen Themenfelder herausfordert, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Lehrerausbildung, Hochschulbildung und Erwachsenenbildung müssen auf den demographischen Wandel, den zunehmenden Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften durch die Wirtschaft und die immer schneller fortschreitenden technischen Möglichkeiten mit neuen Ansätzen reagieren. Auch die zunehmende Digitalisierung erfordert neue Konzepte zur Vermittlung von Medienkompetenz. So steht für den Kongress 2022 die Frage im Mittelpunkt, wie die Bildungsforschung mit den besonderen Herausforderungen dieses Jahrhunderts umgehen soll und wie Lernkonzepte in sich immer rascher verändernden Zeiten auszugestalten sind. Den tiefgreifenden Veränderungen in allen Lebensbereichen, also auch der Bildung, der Lehrerbildung und der Bildungsforschung soll auf diesem Kongress Rechnung getragen werden.
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